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Fachbeiträge "Aufsicht im Museum / QEM"

Brände in Museum, Bibliothek und Archiv

Bauliche und technische Vorsorge sind zwingend, gut geschultes Personal unentbehrlich

Deutschland ist ein sicheres Land, besonders in Hinblick auf den baulichen und technischen Brandschutz in privaten wie öffentlichen Gebäuden. Gleichwohl sollten Kultureinrichtungen bei der Bekämpfung von Bränden dem „Faktor“ Mensch mehr Aufmerksamkeit widmen.

Vielfach unterschätzte Gefahr

In Deutschland brennt es ca. 200.000 Mal, pro Jahr! Dabei sterben jährlich etwa 400 Menschen, die meisten davon in Privathaushalten. (Anm. 1) Häufigste Brandursachen sind defekte elektrische Anlagen und Geräte (rd. 35%, einschl. Überhitzung), menschliches Fehlverhalten (ca. 20%) sowie Brandstiftung (ca. 15%) und Unbekannte Gründe (ca. 15%). Explosion und Blitzschlag lösen zwei bzw. ein Prozent der Feuer aus. (Anm. 2)
Kulturelle Einrichtungen sind häufig betroffen, auch aufgrund ihrer oft historischen Bausubstanz. International wahrgenommen wurden z.B. die Brände auf Schloss Windsor (1992) und in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar (2004). Keine oder wenig Beachtung finden die zahlreichen „kleinen“ Feuer: Universitätsbibliothek Freiburg i. Br. (Mai 2010); Kunstsammlung NRW K20/K21, Düsseldorf (September 2013); Schlossmuseum und -archiv Ehrenstein-Ohrdruf, Thüringen (November 2013); Internet Archive, San Francisco / USA (November 2013). Während die Brände in Freiburg und Ehrenstein durch Bauarbeiten ausgelöst wurden, werden für Weimar angeschmorte Kabel vermutet. In einer Bibliothek in Northam / Großbritannien soll Sonnenlicht, das durch ein Vergrößerungsglas fiel, ein Feuer ausgelöst haben.
Was zur Vorbeugung und Bekämpfung von Bränden in Kulturbetrieben getan werden kann und muss, war z.B. zentrales Thema auf der Tagung „Sicherheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive und Bibliotheken“ (Leipzig 2006). (Anm. 3) Darin werden die Maßnahmen für den baulichen und technischen Schutz in vorbildlicher Weise erörtert; dagegen bleiben die Anweisungen und Empfehlungen für organisatorische Vorkehrungen vage. Während der Tagungsband „Hausfeuerwehr“, „Ausbildung der Nutzer“ sowie „Einweisung und Training für die Flucht und Rettung“ auflistet, empfiehlt der Handlungsleitfaden das „Erstellen einer Brandschutzordnung für die Mitarbeiter und die Besucher“. (Anm. 4)

Aufmerksames und kompetentes Personal ist unersetzlich!

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kulturbetriebe sind unentbehrlich bei Feststellung und (sofern möglich) Eindämmung von Bränden. Vor allem das Service- und Aufsichtspersonal sollte für die Gefahren sensibilisiert und auf professionelles Verhalten geschult werden.
Was das im besten Falle bedeuten kann, zeigt ein Blick auf das Geschehen im Düsseldorfer K20 am 13. September 2013: „Gegen 16:45 Uhr bemerken Besucher, dass in der Skulptur `Igloo´ des italienischen Künstlers Mario Merz eine Leuchtstofflampe zu brennen anfängt. Das Feuer greift auf die Materialien des Kunstwerks über (…). Museumsmitarbeiter ersticken die Flammen mit einem Pulverlöscher. Unterdessen hat die automatische Brandmeldeanlage die Feuerwehr alarmiert und Evakuierungsdurchsagen für die Besucher abgespielt. Rund 160 Menschen müssen das Museum verlassen.“ (Anm. 5)

Mitarbeiter sensibilisieren und befähigen!

Im K20 hat die personelle und technische Handlungskette funktioniert: Aufmerksamkeit, korrektes Einschätzen der Gefahr und der eigenen Möglichkeiten, versiertes Bekämpfen des Feuers und kontrolliertes Räumen des Gebäudes. Dieser Ablauf ist vorbildlich, aber nicht selbstverständlich. Der Verfasser dieses Beitrages ist als Trainer für Service- und Aufsichtspersonal in Museen tätig. Die Gespräche in den Schulungen, die in erster Linie der besseren Besucherorientierung dienen, zeigen mitunter deutliche Defizite im theoretischen Wissen über das Verhalten bei Feuer und in der praktischen Handhabung von Feuerlöschern. Meist sind die Standorte der Geräte bekannt, aber im praktischen Umgang mit Brandklassen, geeigneten Löschmitteln, Brandbekämpfung und Evakuierung sind zu wenige Service- und Aufsichtskräfte geübt und erfahren! (Anm. 6)
Was jeder (!) Museumsmitarbeiter im Brandfalle zu tun hat, sollte nicht nur in Brandschutzordnungen und Rettungsplänen definiert, sondern regelmäßig in der Praxis erprobt werden. Je nach Haus bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten: Das Sammlungszentrum des Schweizerischen Nationalmuseums (Affoltern am Albis) weist die Ortsfeuerwehr jährlich neu in die örtlichen Gegebenheiten ein; Schloß Schönbrunn (Wien) unterhält ein eigenes Damage Limitation Team, das bei Bedarf Kulturgüter evakuiert, (Anm. 7) und beim LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum (Brauweiler) sind Löschübungen, durchgeführt von der örtlichen Feuerwehr, Bestandteil der Workshops zur Notfallvorsorge in Archiven, Bibliotheken und Museen. (Anm. 8) Einen guten Einstieg über das richtige Verhalten bei Feuer in Museen bietet die Handreichung „Aufsicht im Museum“ von ICOM Schweiz. (Anm. 9)

Berthold Schmitt, QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal
www.aufsicht-im-museum.de

QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren"
(www.riegel-preis-kulturbewahren.de)

Anm. 1: www.rauchmelder-lebensretter.de/home/ (Abfrage: 05.01.2014)
Anm. 2: Studie des Institutes für Schadensverhütung und Schadensforschung der öffentlichen Versicherer e.V. (Angaben für 2005); vgl.: schutz-und-sicherheit.wellsuniverse.de/brandschutz/b_reason.php (Abfrage: 05.01.2014)
Anm. 3: Vgl. Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen (Hrsg.): Sicherheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive und Bibliotheken, Tagungsband und Handlungsleitfaden, Dresden 2007.
Anm. 4: Vgl. Reinhold Dobbernack, Bedrohung von Kulturgut durch Feuer, S. 57 (Tagungsband) bzw. S. 23 (Leitfaden).
Anm. 5: Marc Herriger, Lampe brannte – Millionenschaden im K20?; www.express.de/duesseldorf/kunstwerk-beschaedigt-lampe-brannte---millionenschaden-im-k-20-,2858,24299246.html (Abfrage: 05.01.2014)
Anm. 6: Diese nicht repräsentative Beobachtung betrifft gleichermaßen das Eigenpersonal von Museen wie auch MitarbeiterInnen von Personaldienstleistungsunternehmen.
Anm. 7: Vgl. Herbert Polsterer, Sprinkler und eine Spezialeinheit schützen Schloß Schönbrunn im Brandfall, in: KulturBetrieb, vier 2013, S. 8 f.
Anm. 8: Vgl. Auf Augenhöhe: Notfallvorsorge in Archiven, Bibliotheken und Museen, Pulheim, 09.04.2014: www.afz.lvr.de/fortbildungszentrum/jahresprogramm+2014.asp#09_April (Abfrage: 05.01.2014).
Anm. 9: ICOM Schweiz (Hrsg.), Aufsicht im Museum, Zürich 2004, S. 32 ff.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für wirtschaftliche und innovative Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", eins 2014, S. 66-67.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2014-Ausgabe-1-Februar.pdf