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Fachbeiträge "Aufsicht im Museum / QEM"

Feuer bleibt erschreckend hohes Risiko für Kulturbetriebe

Auch 2020 wieder zahlreiche Brände zu beklagen

 

Vor fünf Jahren hat dieses Magazin erstmals über Brände in Archiven, Bibliotheken, Museen u.a. kulturbewahrenden Einrichtungen berichtet. 2015 war die Bilanz mit 19 Vorkommnissen erschütternd. 2016 waren es `nur´ fünf Feuer, drei davon in Deutschland. 2017 waren elf Häuser betroffen, davon neun hierzulande. 2018 wurden 16 Vorfälle gemeldet, davon sechs in Deutschland; 2019 hat es elf Mal gebrannt, davon sechs Mal hierzulande. (Anm. 1) Und 2020?

Großereignisse dürfen Blick nicht verstellen

Am 8. April ist im Humboldt Forum / Stadtschloss Berlin Alarm ausgelöst worden. Im Rahmen von Bauarbeiten haben zunächst zwei Teerkessel Feuer gefangen, die dann eine Gasflasche zur Explosion gebracht haben. Bei dem Versuch, die Flammen zu löschen, ist ein Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma leicht verletzt worden. Obwohl die materiellen Schäden vergleichsweise gering waren, hat das Ereignis – eine Havarie an der größten und wichtigsten Kulturbaustelle der Bundesrepublik Deutschland (!) – weltweite Aufmerksamkeit erfahren. Damit diese Schlagzeilen nicht den Blick auf viele andere Brandvorkommen verstellen, hier eine Übersicht zu 17 (!) weiteren Bränden in kulturellen Einrichtungen im Jahr 2020 – von denen sich elf (!) in Deutschland ereignet haben. (Anm. 2)

• Oldtimermuseum, Hechingen (08.01.)
• Kutschen-Museum, Hinterstein (19.01.)
• Chinatown Museum, New York / USA (24.01.)
• Waldmuseum, Ebersberg (26.01.)
• DDR-Militärmuseum, Ribnitz-Damgarten (02.02.)
• Bauernhofmuseum, Illerbeuren (29.02.)
• Deutsches Peitschenmuseum, Killer (05.04.)
• Albert-König-Museum, Unterlüß (25.04.)
• Museum Eckernförde (20.05.)
• Ecomusée de Chaponnay / Frankreich (21.05.)
• Neuer Aachener Kunstverein, Aachen (12.06.)
• Naturkundemuseum, Belo Horizonte / Brasilien (15.06.)
• Kunstmuseum Kampa, Prag / Tschechien (15.07.)
• Kathedrale von Nantes / Frankreich (18.07.)
• Naturschutz- und Bildungszentrum Alfsee (02.10.)
• Alamannen-Museum, Mäder / Österreich (07.12.)
• Musée de l’Ephémère, Herstal / Frankreich (19.12.)

Brandstiftung und Vandalismus

Häufigste Ursache für Brände im Jahr 2020 scheinen Brandstiftung bzw. Vandalismus zu sein. Vermutet wird dies z.B. für die Vorkommnisse in Hinterstein, Ebersberg, Killer, Nantes, Alfsee, Aachen und Mäder. Beim Eintreffen der Feuerwehr am Neuen Aachener Kunstverein „standen mehrere Mülltonnen an der Rückseite des Gebäudes in Flammen, das Feuer hatte von dort bereits auf das Innere des Gebäudes und Teile des Dachstuhls übergegriffen. Eine weitere Ausbreitung der Flammen konnte zwar verhindert werden, aber das gesamte Gebäude wurde durch den Brand erheblich verraucht und musste umfangreich belüftet werden. (…) Durch die starke Rauchentwicklung sind aber auch die Kunstwerke arg in Mitleidenschaft gezogen worden.“ (Anm. 3)
Während in Aachen noch offen ist, ob Unachtsamkeit oder Absicht zu dem Brand geführt haben, ist der Befund im Alamannen-Museum in Mäder klar: Am 7. Dezember 2020 sind zwei Jugendliche in das Langhaus des von einem Verein getragenen Museumsdorfes eingedrungen und haben gezündelt. „Die aus Holz bestehende Einrichtung der Hütte, Felle, Decken und andere Gegenstände wurden vollständig zerstört. (…) Im Zuge der Ermittlungen und einem Hinweis aus der Bevölkerung konnten die Verdächtigen nun ausgeforscht werden. Die Täter, 18 und 19 Jahre alt, hatten sich am Tatabend in alkoholisiertem Zustand Zugang zum Haus verschafft. Dort hielten sie sich ein paar Stunden auf. Währenddessen verbrannten sie das Inventar in der Feuerstelle des Hauses.“ (Anm. 4)

Vorsicht vor Serientätern und elektrischem Strom!

Sonderbar die Vorkommnisse rund um das Technikmuseum Speyer: Dort ist es vom 18. Oktober bis 22. November 2019 zu bislang drei Fällen von Brandstiftung gekommen. Beim jüngsten Anschlag „gelang es einem Unbekannten in das Innere der Ausstellungshalle des Museums einzudringen. Dort verteilte er einen flüssigen Brandbeschleuniger. Dies wurde durch Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmens bemerkt. Der Täter ergriff die Flucht und entkam unerkannt. Da die bisherigen Ermittlungen nicht zur Ergreifung des Täters führten, hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Frankenthal für Hinweise eine Belohnung in Höhe von jeweils 1.500 Euro pro Tat ausgesetzt.“ (Anm. 5) Dagegen gilt in mindestens drei Fällen ein technischer Defekt als Ursache für den jeweiligen Brand: Im DDR-Militärmuseum in Ribnitz-Damgarten ist wohl eine defekte Kabeltrommel „schuld“, im Museum Eckernförde eine defekte Deckenlampe im Heizungskeller und im Kunstmuseum Kampa in Prag eine defekte Elektroverteilung.

Feuerwehrmann zu Geldstrafe verurteilt

Tragisch dagegen der Fall des Bauernhofmuseums in Illerbeuren. Am 29. Februar 2020 ist in der Nähe der rund 350 Jahre alten Sölde ein traditionelles Funkenfeuer abgebrannt worden. Durch Funkenflug hat sich das Strohdach des Gebäudes entzündet und einen Gesamtschaden von 750.000 Euro verursacht. Nun hat die Staatsanwaltschaft einen ehrenamtlichen Feuerwehrmann wegen fahrlässiger Brandstiftung zu 70 Tagessätzen verurteilt: „Bei dem Feuer war im März 2020 ein Schaden von rund 750 000 Euro entstanden. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hätte der 34-Jährige darauf achten müssen, dass das Feuer unter Aufsicht steht, was nicht passiert sei. Zudem hätte er bei starkem Wind veranlassen müssen, dass das Funkenfeuer gelöscht werde.“ (Anm. 6)

Und das laufende Jahr 2021?

Der Januar lässt aufhorchen, denn bereits drei Brände sind gemeldet. Das Museumsschiff „Friederike von Papenburg“ gilt als ein Wahrzeichen der gleichnamigen Stadt. Am 2. Januar hat ein Feuer das Innere der Brigg zu großen Teilen zerstört. Ein technischer Defekt ist offenbar die Ursache für den Totalverlust des Motorradmuseums Timmeljoch in Österreich. Das Feuer vom 18. Januar hat offenbar hunderte historischer Motorräder vernichtet. Im BOZAR Kunstmuseum in Brüssel wird ein Kabelbrand als Ursache für das Feuer vom 19. Januar vermutet.

Aufmerksamkeit, Know-how und Übung

Auch aufgrund ihrer oft historischen Bausubstanz sind kulturbewahrende Einrichtungen recht häufig von Bränden betroffen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zum baulichen, technischen und betrieblichen Brandschutz sind unbedingt umzusetzen; alle Vorschriften zur regelmäßigen und gründlichen Überprüfung der Technik sind unbedingt zu beachten. Genauso wichtig ist es aber, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses für die Gefahr von Bränden zu sensibilisieren und sie bekannt zu machen mit spezifischen Alarmketten, Möglichkeiten des Eingreifens sowie der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr.

Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeischrift KulturBetrieb

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Kulturbetriebe in Flammen. Ein erschütternder Rückblick auf das Jahr 2015, in: KulturBetrieb, eins 2016, S. 50 f; ders., Brand bleibt großes Risiko für Kulturbetriebe, in: KulturBetrieb, eins 2018, S. 52 f; ders., Brandschutz bleibt zentrale Aufgabe für Kulturbetriebe, in: KulturBetrieb, eins 2020, S. 19.
Anm. 2: Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Anm. 3: Feuer im Neuen Aachener Kunstverein verhindert Ausstellungseröffnung, in: Aachener Zeitung, 12.06.2020; Quelle: https://www.aachener-zeitung.de/lokales/aachen/feuer-im-neuen-aachener-kunstverein-verhindert-ausstellungseroeffnung_aid-51607709 ; Abfrage: 25.01.2021
Anm. 4: Nach Brand in Alamannenmuseum – Täter ausgeforscht, in: VOL.AT, 12.12.2020; Quelle: https://www.vol.at/nach-brand-in-alamannenmusum-taeter-ausgeforscht/6837179 ; Abfrage: 25.01.2021
Anm. 5: Speyer: Brandstiftung im Technikmuseum – Belohnung ausgelobt, in: Mannheimer Morgen, 23.01.2021; Quelle: https://www.morgenweb.de/newsticker_ticker,-speyer-brandstiftung-im-technikmuseum-belohnung-ausgelobt-_tickerid,119064.html; Abfrage: 25.01.2021
Anm.: 6: Strafbefehl gegen Feuerwehrmann nach Brand von Museum, in: PNP.de, 08.01.2021; Quelle: https://www.pnp.de/nachrichten/bayern/Strafbefehl-gegen-Feuerwehrmann-nach-Brand-von-Museum-3884330.html ; Abfrage: 25.01.2021

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2021, S. 30 f.