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Fachbeiträge "Aufsicht im Museum / QEM"

„Für Garderobe keine Haftung“

Mit einem einfachen Schild ist es nicht unbedingt getan

In der Gastronomie, aber auch in kulturellen Einrichtungen sind sie weit verbreitet: Schilder wie „Für Garderobe wird keine Haftung übernommen“ sorgen scheinbar für Rechtsklarheit. So eindeutig ist der Sachverhalt aber nicht in jedem Fall.

Basis ist der sog. Verwahrungsvertrag

In Deutschland formuliert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die rechtliche Grundlage: „Durch den Verwahrungsvertrag wird der Verwahrer verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene bewegliche Sache aufzubewahren.“ (Anm. 1) Dies kann z.B. gegen Entgelt oder unentgeltlich geschehen. Während die entgeltliche Verwahrung einen sog. gegenseitigen Vertrag darstellt, handelt es sich bei der unentgeltlichen Verwahrung um einen sog. unvollkommenen zweiseitigen Vertrag, weil die Pflichten des Hinterlegers mit den Pflichten des Verwahrers nicht in einem Austauschverhältnis stehen. (Anm. 2) Auf dieser Basis sind z.B. größere, d.h. auch räumlich unübersichtliche Lokale mit personell besetzter Garderobe verpflichtet, die hinterlegte Kleidung aufzubewahren und auf Verlangen unbeschädigt zurück zu geben. Im Falle von Verlust oder Beschädigung muss der Wirt haften, denn der Gast kann seine hinterlegte Kleidung nicht ständig sehen. Klauseln wie „Für Garderobe keine Haftung“ formulieren de facto Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die einen Vertragspartner jedoch nicht unangemessen benachteiligen dürfen. „Mit dem Hinweis auf seinem Schild versucht der Betreiber aber offensichtlich jede Haftung, sei es auch für Vorsatz, auszuschließen. Wäre diese Klausel wirksam, würde das bedeuten, dass keine vertraglich Haftung bestünde, selbst wenn seine Mitarbeiter die Jacken mit voller Absicht verlieren, verschenken oder beschädigen. Das kann ersichtlich nicht richtig sein. Und das ist es auch nicht. Die Klausel ist zu weit gefasst und schließt daher mehr aus, als das Gesetz erlaubt. Der Betreiber könnte bestenfalls seine Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken. Tut er dies nicht ausdrücklich, kann er sich auch nicht darauf berufen. Der Hinweis ist daher falsch und das Schild entsprechend nutzlos. Die tatsächliche Rechtslage ist dieselbe wie sie es ohne dieses Schild ist.“ (Anm. 3)

Obhutspflicht ist für viele Kulturbetriebe relevant

Nicht selten werden die Besucher einer Ausstellung, einer Bibliothek oder einer Theateraufführung vom Service- und Aufsichtspersonal oder von der Haus- bzw. Besucherordnung aufgefordert, Oberbekleidung sowie große oder sperrige Gegenstände abzugeben. Was aus Gründen der Verkehrssicherheit oder des Schutzes der Exponate (z.B. Feuchtigkeit) nachvollziehbar ist, kann gravierende rechtliche Folgen haben. Wenn „verlangt wird, bestimmte Gegenstände an einem Ort abzulegen oder abzustellen, der sodann auf diese Weise ihrer Aufsicht entzogen wird, (…) entsteht eine Obhutspflicht hinsichtlich der hinterlegten Sachen, sodass insoweit auch die Vorschriften über den Verwahrungsvertrag gem. §§ 688 ff. BGB Anwendung finden. Der Verwahrungsvertrag kommt durch die Einigung entweder ausdrücklich oder stillschweigend zustande. Auch der Umstand, dass kein Entgelt vereinbart wurde, spricht nicht grundsätzlich gegen den Verwahrungsvertrag, vgl. §§ 688, 690 BGB. Merkmale für einen Verwahrungsvertrag:
• Garderobe gegen Entgelt – Rechtsbindungswille zum Abschluss eines Verwahrungsvertrages vorhanden,
• besonders eingerichtete Garderobe,
• Aufbewahrungsraum ist ein abgetrennter Raum, der von dem Hinterlegenden nicht beobachtet werden kann,
• nicht in der Sichtweite des Hinterlegers,
• keine Wahl zum Behalten der Sache (Zwang zur Abgabe der Sache),
• beaufsichtigtes Aufbewahren der Sache.“ (Anm. 4)

Zentrale Teile eines Verwahrungsvertrages sind in der Regel die Pflicht zur Aufbewahrung und die Pflicht zur Rückgabe, d.h. im Rahmen eines solchen Vertrages ist es „die Hauptpflicht des Verwahrers, die ihm von dem Hinterleger übergebene Sache ordnungsgemäß aufzubewahren, dass sie nicht wegkommen und keinen Schaden nehmen, gem. § 688 BGB (Obhutspflicht). D.h. er muss sie dem Hinterleger in dem Zustand zurückgeben, wie die Sache ihm abgegeben wurde. Aus dem Verwahrungsvertrag folgt auch die Rückgabepflicht der hinterlegten Sachen des Verwahrers. Auf Verlangen des Hinterlegers hat der Verwahrer jederzeit die Sache zurückzugeben – auch wenn eine bestimmte Aufbewahrungszeit vereinbart war und diese Zeit nicht voll ausgeschöpft wurde, gem. § 695 BGB. Aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB folgt die Pflicht des Verwahrers die Sachen so sorgfältig aufzubewahren, dass sie unbeschädigt zurückgegeben werden können. Gem. § 280 Abs. 1 BGB muss sich der Verwahrer bei einem Schutz- und Sorgfaltspflichtverstoß exkulpieren. Kann er dies nicht, hat er für den Schaden zu haften.“ (Anm. 5)

Kulturbetriebe, die mit den beschriebenen Klauseln arbeiten, sollten diese auf juristische Relevanz prüfen und diese AGB gegebenenfalls in Hinblick auf bestimmte Haftungsausschlüsse präzisieren. Auf jeden Fall sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Aufsicht und Service gründlich über die rechtliche Situation unterrichtet werden, auch, um unschöne Auseinandersetzungen mit Besuchern zu vermeiden, die ihre bürgerlichen Rechte kennen und durchsetzen wollen.

Anm. 1: BGB, Buch 2, Abschnitt 8, § 688 „Vertragstypische Pflichten bei der Verwahrung“.
Anm. 2: Vgl. BGB, Buch 2, Abschnitt 3, §§ 320 ff sowie Abschnitt 8, §§ 693.
Anm. 3: Rechtsfall des Tages: „Keine Haftung für Garderobe“ – Haftungsausschluss oder unnütze Schilderverschwendung? (22. Mai 2012), in: www.wbs-law.de/rechtsfall-des-tages/keine-haftung-fur-garderobe-24816/; Abfrage: 24.08.2015
Anm. 4: Justus, Garderobenhaftung, 10.01.2014, in: www.jurarat.de/garderobenhaftung; Abfrage: 24.08.2015
Anm. 5: Ebd.; Abfrage: 24.08.2015

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, vier 2015, S. 102 f.