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Fachbeiträge "Aufsicht im Museum / QEM"

Schulungen für Service- und Aufsichtspersonal im Museum

Worauf Museen bei Auswahl und Vergabe achten sollten

„Der ist der beste Lehrer, der sich nach und nach überflüssig macht.“
(George Orwell)

Freundlicher, aufmerksamer und kompetenter Service ist nicht der vorrangige Grund, um ein Museum oder eine Ausstellung zu besuchen, aber für den Besucher ist es eine angenehme und positive Erfahrung. (Anm. 1) Inzwischen gibt es eine Reihe von Angeboten zur Weiterbildung des Service- und Aufsichtspersonals, unter denen Kulturbetriebe wählen können.

Museen sind einzigartig – ihr Service individuell

Die hiesige Museumslandschaft ist geprägt von originären Aufgaben und Beständen sowie von regionalen und historischen Besonderheiten, die eine Definition musealer Mindeststandards nicht leicht machen. (Anm. 2) Jedes Haus präsentiert sich auf unverwechselbare und typische Weise – auch und gerade im Umgang mit dem Besucher. Da es weder ein festes Berufsbild, noch allgemein gültige Standards für die Tätigkeit an Empfang, Garderobe, Information, Kasse und Aufsicht gibt, arbeiten viele Museen hinsichtlich der Ausbildung oder Einarbeitung ihrer Servicekräfte mit Lösungen, die die personelle, organisatorische und finanzielle Situation der Einrichtung spiegeln. Das können mündliche oder schriftliche Dienstanweisungen, „Learning by doing“ oder interne Fortbildungen sein, unabhängig davon, ob es sich um Eigenpersonal handelt, oder um externe Kräfte von Unternehmen aus der Bewachungs- und Sicherheitsbranche. Eine Alternative dazu ist die Einbeziehung von externem Fachwissen. (Anm. 3)

Kriterien für die Vergabe von Schulungen (Auswahl)

Auch im Kulturbereich sind Trainer, Berater oder Coach keine geschützten Begriffe, d.h. es gibt keine staatlich anerkannten Ausbildungen, wissenschaftlich fundierten Standards und Qualitätsnachweise, sondern einen hinsichtlich Terminologie, Inhalt und Qualitätsmerkmalen freien Markt. Neben einigen öffentlichen Institutionen (Anm. 4) gibt es im deutschsprachigen Raum eine beachtliche Zahl privater Anbieter kultur- bzw. museumsspezifischer Weiterbildung. Um den geeigneten Partner für eine Schulung zu finden, sollte eine Einrichtung ihren konkreten Bedarf im Vorfeld möglichst genau kennen und formulieren. Mögliche Orientierungspunkte:
• Definition von Anspruch und Ziel des Hauses und seiner Mitarbeiter (z.B. Leitbild).
• Feststellung der besucherrelevanten Stärken und Schwächen der Einrichtung.
• Konkrete Erwartungen an Qualität und Leistung des Personals.
• Grund für die Durchführung einer Schulung (z.B. Anerkennung, Auffrischung, Missstände).

Obwohl Training und Beratung keine exakt messbaren Tätigkeiten sind, gibt es hilfreiche Kriterien für die Auswahl des passenden Anbieters. Im Rahmen einer US-Studie (2009) zur Frage, ob Coaching hilfreich sei, legten Auftraggeber Wert auf folgende Qualifikationen: Branchenbezogene Erfahrung (65%), Vorgehensweise (61%), Referenzen (50%), Zertifizierung (29%) und psychologische Ausbildung (13%). (Anm. 5)

Inhalte: Ein definiertes Berufsbild „Aufsicht im Museum“ existiert nicht. (Anm. 6) Da es keine vereinheitlichten und allgemein anerkannten Lehrpläne für die Aus- und Weiterbildung von Service- und Aufsichtspersonal in Museen gibt, variieren die Schulungen stark nach Inhalt und Methode. Die Bandbreite reicht von selbstgesetzten, d.h. unverbindlichen Standards bis hin zu Maßnahmen, die auf den speziellen Bedarf und den individuellen Anspruch eines Hauses ausgerichtet werden. Die Übergänge zu benachbarten Bereichen wie z.B. Kulturvermittlung sind mitunter fließend.

Zertifizierung: Ob bei einer Umfrage in Deutschland das Kriterium „Zertifizierung“ einen höheren Wert erreicht hätte, ist hypothetisch, da es hierzulande keine anerkannten Zertifizierungen, Prüfungen und Abschlüsse öffentlicher Institutionen oder unabhängiger Prüfgesellschaften gibt. Schulungen, die Zertifizierungen und sog. Standards anbieten, basieren auf freiwilliger Übereinkunft zwischen den Beteiligten.

Externe Servicekräfte: Bei Schulungen und Weiterbildungen für das Personal von Unternehmen aus der Bewachungs- und Sicherheitsbranche sollten Auftraggeber darauf achten, inwieweit die angebotenen Schulungsinhalte die durch Gesetze und Vorschriften geregelten Anforderungen für Bewachungspersonal ergänzen oder sich mit ihnen überschneiden. Konkret gilt dies für Qualifikationen wie z.B. Unterrichtungsnachweis nach § 34 a Gewerbeordnung, Erste Hilfe oder Brandschutz. Da diese in Deutschland zwingende Voraussetzung für gewerbsmäßiges Bewachen sind, werden sie in der Regel bereits bei Ausschreibung und Vergabe von Leistungen an Unternehmen aus dem Sicherheits- und Bewachungsgewerbe gefordert und auf Aktualität geprüft. Schulungen, die diese Leistungen beinhalten, sollten – auch aus Kostengründen – dahingehend geprüft werden, ob es sich um verpflichtende oder um optionale Angebote handelt. Dies kann auch für Unternehmen relevant sein, die ihre allgemein geschulten Service- und Sicherheitskräfte für museumsspezifische Anforderungen weiterbilden möchten.

Kosten: Die Preise werden meist nach Tagessätzen berechnet. Dabei kann die zeitliche Spanne von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen reichen; vorwiegendes Format sind Tagesveranstaltungen. Neben den Kosten, die durch die Schulung selbst entstehen (z.B. Honorar, Reise, Arbeitsmaterialien, Prüfungen, Zertifikate), sind gegebenenfalls Folgekosten zu beachten, etwa wenn bei mehrtägigen Maßnahmen Ersatzkräfte für den regulären Museumsbetrieb benötigt werden. Dies kann zudem erhöhten Aufwand für Organisation und Durchführung der Weiterbildung mit sich bringen.

Extras: Ein wichtiger Aspekt bei der Vergabe eines Schulungsauftrages können zusätzliche Leistungen sein, die die praxisnahe und nachhaltige Einbindung der Servicekräfte in das personelle, strukturelle und inhaltliche Gesamtgefüge eines Museums betreffen. Dazu zählen sog. Mystery Visits, Auswertung servicerelevanter Unterlagen (Leitbild, allgemeine bzw. spezifische Dienstanweisungen, Haus- oder Besucherordnungen etc.), Zufriedenheits- und Potenzialanalysen der Mitarbeiter und das Erstellen schriftlicher Ergebnisberichte.

Berthold Schmitt, QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal
www.aufsicht-im-museum.de

QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren" (www.riegel-preis-kulturbewahren.de)

Anm. 1: Vgl. Matthias Dreyer / Rudolf Wiese (Hrsg.): Serviceorientierung im Museum (Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; Bd. 80), Ehestorf 2012.
Anm. 2: Vgl. Deutscher Museumsbund / ICOM Deutschland (Hrsg.): Standards für Museen, Kassel / Berlin 2006; Deutscher Museumsbund / ICOM Deutschland / ICTOP International Committee for the Training of Personel (Hrsg.): Museumsberufe – Eine europäische Empfehlung, Berlin 2008; Hans Lochmann, Service- und Aufsichtspersonal – die „Visitenkarte“ des Museums, in: KulturBetrieb, zwei 2012, S. 16.
Anm. 3: Vgl. Berthold Schmitt, Gut müssen sie sein, aber kosten sollen sie wenig! Über das Fehlen von Qualitätsstandards bei Service und Aufsicht im Museum. Ein Praxisbericht, in: Dreyer / Wiese (Hrsg.): Serviceorientierung im Museum, 2012, S. 221-235.
Anm. 4: Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern; Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg; Verband der Museen der Schweiz; ServiceQualitätDeutschland.
Anm. 5: Diane Coutu / Carol Kauffman, What can coaches do for you?, in: Harvard Business Review, January 2009.
Anm. 6: Vgl. ICOM Schweiz (Hrsg.): Aufsicht im Museum, Zürich 2004.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für wirtschaftliche und innovative Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", zwei 2014, S. 76-77.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2014-Ausgabe-2-Mai.pdf